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Verbundenheit zu Natur und Gelände
Interview mit dem Trailrunner Luca Pescollderungg
Das Leiden – das Sich-über-geglaubte-Grenzen-Hinausquälen – ist mittlerweile zu einer Sucht geworden. Genug, um neben einer vollen Vierzig-Stunden-Arbeitswoche zwanzig Stunden Intensivtraining zu absolvieren. Um 17:00 Uhr ist Luca Pescollderungg mit der Arbeit fertig und stürmt um 17:20 Uhr bereits die Trails seines Hausberges in La Villa hinauf. All das, um dann einen Moment dort oben zu stehen, innezuhalten und auf gewaltige Bergmassive, grüne Tallandschaften und natürlich die zurückgelegten Höhenmeter zu schauen. Der Ausdauerathlet lebt einen buchstäblich spartanischen Lebensstil, angetrieben von der Verbundenheit zur Natur und zum Gelände seiner Heimat.
Mit acht bis zwölf Rennen pro Jahr bewegt sich der Amateursportler auf Profi-Niveau. Doch wider Erwarten entspringt Luca Pescollderungg keinem durchtrainierten Jugendkader wie andere Leistungssportler*innen. Wie im Gadertal so üblich, fing seine sportliche Karriere im Skiclub an, führte ihn über eine Leidenschaft für den Oberliga-Fußball und einen Ausflug in die Welt des Kraftsports schließlich zum Ausdauersport – und nahm sehr bald extreme Ausmaße an. Inzwischen ist er Spartan-Race-Weltmeister über die Ultra-Distanz, Spartan-Race-Europameister und mischt in diversen Sky Races und Trailruns ganz vorne mit.
Nur wer Ausdauer, Geschicklichkeit und Kraft in sich vereint, ist ein vollkommener Spartan-Athlet. Die Hindernisläufe der Spartan Races umfassen oft lange Distanzen, haus-, nein, berghohe Anstiege und Hindernis-Parcours – die Trainingsroutine muss dafür irgendwo zwischen der von einem Ninja-Warrior, Reinhold Messner und Schwarzenegger liegen. Luca Pescollderungg scheint diesen Spartan-Spagat durch seine Trainingsgrundlagen aus Kraft- und Ausdauersport perfekt zu meistern. Im Interview erzählt der amtierende Weltmeister, was die Faszination Ausdauersport für ihn ausmacht und wie seine Heimat Alta Badia eine Leidenschaft mit Suchtpotenzial geweckt hat.

Erzähl mal ein bisschen von dir: Wer ist Luca Pescollderungg? Wofür schlägt dein Herz? Was sind deine Leidenschaften? Deine Hobbies?
Ich heiße Luca Pescollderungg, bin Jahrgang 1991 und arbeite bei der Tourismusgenossenschaft Alta Badia. Mein Hobby und, naja, Nebenberuf, sind nebenbei Spartan Race und Trailrunning. Meine Leidenschaften sind vor allem das Berggehen, Berglaufen, Trailrunning und eigentlich alle Endurance-Sportarten. Ansonsten höre ich auch viel Musik. Ich bin Hard-Rock- und Metal-Fan, aber natürlich gefallen mir auch gemütlichere Dinge, manchmal Western- und Liebeslieder.
Du bist aus La Villa und in Alta Badia aufgewachsen. Wie ist es, in solch einer Umgebung die Kindheit und Jugend zu verbringen? Was, denkst du, hat dich geprägt?
Ich bin sehr glücklich, dass ich hier aufgewachsen bin, weil ich die Berge liebe und wir hier in Alta Badia in einem Paradies für Outdoor-Sportarten leben. Schon von klein auf hatte ich die Möglichkeit, auf den Berg zu gehen oder Fahrrad zu fahren. Das ist natürlich ein Riesenglück sowie auch, dass mich meine Eltern bei allen Sportarten unterstützt haben. Ich habe mich als Sportler immer wieder neu erfinden können. Vom Skiclub habe ich zum Fußball gewechselt, dann zwei, drei Jahre Bodybuilding gemacht und letztendlich dann zum Spartan Race und Trailrunning gekommen.
Was fasziniert dich am alpinen Ausdauersport? War das schon immer eine Leidenschaft?
Angefangen hat das bei mir erst mit 22–23 Jahren. Mich fasziniert das Leiden beim Hochlaufen – anfangs, wenn man noch nicht gut trainiert ist, kein schönes Gefühl. Jetzt ist es eine Sucht, mittlerweile brauche ich das Leiden beim Hochlaufen. Es ist ein perfekter Mix zwischen Anstrengung und Natur: dort oben am Berg zu laufen, sich manchmal umzudrehen, runterzuschauen. Die Verbundenheit mit dem Berg ist merklich spürbar, man ist eins mit der Natur. Das Pushen und Oben-Sein – unbeschreibliches Gefühl ...


Wie bist du zum Trailrunning bzw. Spartan Race gekommen?
Ich war Fußballspieler in der Oberliga, habe dann aufgrund von Knieproblemen damit aufgehört und mit Krafttraining angefangen. Damals arbeitete ich bereits im Naturpark und habe hauptsächlich Wanderwege saniert. Ich wollte mehr Zeit im Freien verbringen und habe zuerst damit begonnen, schnell den Berg hinan zu gehen, also bergzusteigen, und langsam Kondition und Muskelmasse aufzubauen. Ein Kollege hat mir dann von dieser neuen Sportart Spartan Race erzählt, das war ungefähr vor acht Jahren. Ich habe mich sofort für die Open Category angemeldet, also nur zum Spaß. Seitdem ist es meine Leidenschaft, denn die Sportart verlangt alles: Man muss Kraft haben, Geschicklichkeit ist gefragt, Ausdauer natürlich auch. Ich liebe es, längere Distanzen mit vielen Höhenmetern zu laufen, das ist meine Stärke.
Ist der Ausdauersport dein Vollzeit-Job?
Ich arbeite in Vollzeit für die Tourismusgenossenschaft Alta Badia. Aber ich habe das große Glück, dass sich Job und Sport miteinander kombinieren lassen: Im Sommer ist es mir beispielsweise möglich, freitags irgendwohin zu reisen und erst am Montag wieder zurückkommen. Dieser Sport ist ein Job, mit dem man zwar etwas verdienen kann, davon leben kann ich aber leider nicht.
Was sind die Herausforderungen dieser Sportart?
Man muss sich immer wieder neue Ziele setzen. Das hat bis jetzt so immer gut geklappt. Wenn ich keine neuen Ziele hätte, würde ich aufhören, da man für das Training auch Vieles opfern muss. Ich arbeite vierzig Stunden pro Woche und trainiere zusätzlich ca. zwanzig. Daneben bleibt nicht viel Zeit für anderes.
Hast du Lieblingsberge oder -trails in Alta Badia? Unterscheiden sich deine Vorlieben zwischen Training und Freizeit?
Mein Lieblingsberg ist mein Hausberg direkt vor meiner Haustür: der Gherdenacia, Richtung Gardenacia-Hütte. Jeden zweiten bis dritten Tag mache ich dort eine Trainingseinheit, ich gehe aber auch manchmal am Wochenende hoch, um mit Kollegen etwas zu trinken.
Zum Schluss bitte noch einen Tipp: Was sollten wir in Alta Badia nicht verpassen?
Wer Outdoor-Sport liebt, sollte unbedingt mal hier vorbeischauen. Es gibt aber auch vieles mehr, denn mit der Tourismusgenossenschaft Alta Badia organisieren wir das ganze Jahr über etliche interessante Events. Was ich in Alta Badia auf keinen Fall verpassen würde, ist eines der Sommerhighlights in meinem Heimatdorf, bei dem alle mitmachen: Am 15. August findet durch La Villa immer ein Umzug mit anschließendem großem Fest im Dorfzentrum statt. Im Winter habe ich ein neues Highlight: Auf dem Sompunt-See gab es 2025 erstmals eine Weinverkostung direkt auf dem Eis, wo die Sommeliers auf Schlittschuhen Wein ausgeschenkt haben. Das war sicherlich eine Sache, die ich nicht vergessen werde.
Ludwig Mehlers Hauptinteresse gilt der Subkultur im Alpenraum und dem Aufbau von Gemeinschaften, gepaart mit seiner persönlichen Leidenschaft für Berge und Ausdauersport. Der aus Bayreuth stammende Autor lebt derzeit in Bozen und studiert dort Kommunikations- und Kulturwissenschaften. Unter anderem schreibt er für franzmagazine und arbeitet auch bei franzLAB.